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Stellungnahme zur Pestizid-Initiative

Wir können die Aufregung in der Landwirtschaft verstehen. Ein kompletter Verzicht auf synthetische Pestizide ist eine grosse technische und finanzielle Herausforderung. Jeder Hobbygärtner weiss, was Schädlinge, Pilzbefall und Überwucherung durch Unkraut verursachen können. Es ist einfach, diesen Verzicht anderen – und dann noch Fachleuten der Landwirtschaft – einfach zuzumuten.

Wir glauben auch den vielen Landwirten, die synthetische Pestizide – wenn überhaupt – nur noch gezielt einsetzen. Das lässt sich auch mit Zahlen belegen. Ihr Umweltbewusstsein ist mit Garantie wesentlich höher als jenes vieler Konsumentinnen und Konsumenten, die viel fordern, aber dann doch nach den billigsten Rüebli – wenn möglich noch aus dem Ausland – greifen.

Trotzdem: Die Stossrichtung der Initiative stimmt! Es überzeugt uns, dass dabei auch die Importe erfasst werden. Auch sie müssen entsprechend produziert worden sein. Zudem erscheint uns die vorgesehene zehnjährige Übergangsfrist als ausreichend, um die Arbeitsabläufe auf den landwirtschaftlichen Betrieben anzupassen.

Es ist einfach eine gute Sache, wenn nach anderen Wegen gesucht wird. Nicht-chemische Pestizide, so wie sie im Bio-Landbau Verwendung finden, sind weiterhin erlaubt. Eine sinnvolle regionale Produktion wird nicht verunmöglicht. Verunmöglicht wird der vielerorts immer noch sorglose Griff in den «Giftschrank», auch in Privathaushalten, bei den SBB und den Kommunen.

Die Preise für Lebensmittel werden steigen. Gut so! Denn sie sind viel zu tief. Wir leben in einer Zeit, in der es auch für einkommensschwache Haushalte selbstverständlich geworden ist, nach Dubai zu fliegen, um zu shoppen. Aber für das Kilo Rüebli will man keinen Franken zahlen. Das kann und darf so nicht weitergehen. Lebensmittel sollen nachhaltig produziert werden und dürfen dann auch den angemessenen Preis haben.

Insekten wie Bienen profitieren davon. Es ist erwiesen, dass sie unter Insektiziden wie Neonicotinoiden leiden. Sie machen sie anfälliger für vielerlei Bienenkrankheiten. Je nachdem wie gespritzt wurde, tragen die Bienen dann diese Pflanzenschutzmittel auch noch direkt in den «wunderbaren Thurgauer Apfelblütenhonig» ein. Und der wird dann wiederum als besonders nachhaltig angepriesen. Das kann es und darf es nicht sein. Darum ein überzeugtes Ja zur Initiative.

Freud und Leid in der halbdirekten Demokratie

Die Möglichkeit, regelmässig über Sachfragen abzustimmen, ist ein unerhörtes politisches Privileg. Ja, die Schweiz ist ein Sonderfall – genau darum. Damit verbunden ist aber ein Problem, an das sich alle interessierten Stimmberechtigten gewöhnen müssen: Die permanente geistige Überforderung aufgrund der Fragestellungen.

Welche Optionen stehen zur Verfügung: Jammern und von einer Experten-Regierung träumen? Aus dem Bauch heraus was ankreuzen oder ankreuzen, was die «Bubble» ankreuzt? Nein, wer sich der halbdirekten Demokratie würdig erweisen will, muss etwas Disziplin und Demut zeigen. Disziplin, um sich der Materie einigermassen zu bemächtigen. Demut, um zu einer Entscheidung zu stehen, die langfristig vielleicht nicht richtig sein wird.

Honigsammler geht es da nicht besser. Wer nicht gerade Agronom, Biologin oder Chemiker ist, und das sind wir nicht, ist und bleibt Laie. Und trotzdem versuchen wir hier eine Beurteilung. Dabei fokussieren wir uns auf die «Volksinitiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide». Diese hat noch stärker Auswirkungen auf Insekten wie Bienen als die sogenannte Trinkwasser-Initiative.

Was würde wohl diese Mellifera Carnica stimmen?!