«Vor nicht allzu langer Zeit, hatte ich ein seltsames Vergnügen mit einem stark behaarten Insekt. Das bräunliche, fliegende Ungestüm war weiblich und besass einen Giftstachel.»
Alle Köpfe drehten sich wissbegierig zur Edelkastanie. Die mächtige Krone wirkte einladend und majestätisch. Die kleinen, braunen stacheligen Maronen verstärkten den Charakter der eingebildeten Edelkastanie. Der schwere Duft lag in der Luft und wirkte auf die anderen Pflanzen leicht einschüchternd. Die Sonnenblume neigte ihr Haupt beschämt zu Boden. Sie empfand sich selbst als degoutant und insgeheim empfand sie ihre Grösse als leidvoll. Ihre Blüte schien ihr zu gross und sie war es satt, das schwere Haupt stehts zur Sonne zu strecken. Sie war sich nicht bewusst, dass sie an den Sommer erinnert. Nur allzu gerne wäre sie so feingliederig und zart wie eine Rose. Neben ihr rümpfte die Rose ihre Blätter. Sie hatte nichts übrig für diese Unterhaltung. Im Stillen sehnte sie sich nach der Nähe der summenden Schaffer. Sie stellte sich vor, wie die eifrigen Bienen sie mit ihrem Mundwerkzeug liebkosten. Sie errötete, wenn sie daran dachte, dass die Pollenhöschen der Bienen ihre zarten Blätter streiften. Lustbeglückt streckte sie ihre Blütentracht und schwelgte in ihren Träumen. Sie beschlich ein befremdlicher und unschöner Gedanke. Sie wusste, dass sie nicht mit einer offenen Blüte dienen konnte. Die unnatürlich viele Blätter, versperrten den Honigsammlerinnen den Weg zum Nektar. Dieses Wissen wollte sie keineswegs mit der bedauernswerten Sonnenblume teilen. Die Rose fand, dass sie in ihrer ganzen Art auserkoren war und verstand es nicht, dass die Honigsammler die Sonnenblume bevorzugten. Sie dachte wehmütig: «Die irdische Liebe ist ein Honiglecken an Dornen.» Der kämpferische Raps meldete sich zu Wort: « Ach Edelkastanie, das ist wirklich nichts Besonderes. Die eilfertigen Bienen besuchen mich regelmässig.»
Die Edelkastanie grinste boshaft und sagte: « Weisst du, was die Bienen mit den Pflanzen so machen?» Der Raps liess nie eine Frage ohne Antwort und entgegnete: «Wenn sich eine Biene in eine Brennnessel setzt, wer sticht da wen?» Die Edelkastanie konnte diesen Kommentar nicht ausser Acht lassen und gab schnippisch zurück: «Bilde dir ja nicht ein, was Du bist. Du bist nur eine ungünstige Kreuzung zwischen einem Kohl und einer weissen Rübe. Schweig, du von Menschen gezüchtete Pflanze.» Der Raps konnte es nicht fassen und rang nach Worten. Böse funkelte er die Edelkastanie an und schleuderte zurück: «Eine Biene, die versucht zu stechen, bringt keinen Honig mehr nach Haus.» Bevor es ganz ausartete, meldete sich die gutmütige Tanne zu Wort: «Freundliche Worte wirken heilender auf ein mutloses Herz als Balsam oder Honig.»
Sanft raschelte die Linde im Winde und versuchte die zornige Stimmung mit ihren herzförmigen Laubblättern aufzufangen. Der süssliche Geruch, den ihre Blüten verströmten, zog die Bienen allerorts an. Die Fliederblätter der Akazie streifte die Linde, und sie versuchte, auf sich aufmerksam zu machen. Die liebliche Linde lächelte milde und liess die ungeschickte Berührung zu. Sie wusste, dass die elegante Maserung in Sache Festigkeit und Härte selbst eine Eiche hinter sich liess. Sie bewunderte die Akazie und schätzte ihren Duft. Es war für die Bienen kein Geheimnis, dass die Akazie einen sehr hohen Pollen- und Nektargehalt aufweisen konnte. Von Ferne konnte man das vertraute Summen der Bienen erahnen. Die hiesigen Pflanzen entfalteten ihre Blüten. Eine dieser Bienen ruhte sich auf der Blüte der Sonnenblume aus und trank den Nektar der Pflanze. Das Gemüt der Sonnenblume erhellte sich, und sie genoss die Nähe des Insekts. Die Sonnenblume begann zaghaft ein Gespräch: «Wie schön, dass du mich auserwählt hast.» Die Honigsammlerin betrachtete sie aufmerksam und sagte: «Die Düfte sind die Gefühle der Blumen. Du bist hell wie die Sonne, dich kann man ja gar nicht übersehen. Darf ich mich vorstellen? Ich bin ein Wunder der Natur und nenne mich die Kundschafterin.» Der Raps meldete sich zu Wort: «Ich glaube, sie trank schon zu viel Nektar.» Die Biene legte den Rüssel zur Seite, weil es nichts zu sagen gab. Aber dann sah sie den Raps mit ihren fünf Augen an und sagte: «Ich bin eine Biene, die sich spielerische im Winde vernetzt und nicht selten von so sterilen Gehirnen wie dich unterschätzt wird. Aber lass dir eines sagen: Wer Honig lecken will, darf den Bienenstachel nicht scheuen.»
Die Edelkastanie streckte sich und verströmte einen übertrieben süsslichen Duft. Betont lässig sagte sie: «In einer Zeit in der Geschwindigkeit und Tempo grossgeschrieben werden, ist es umso wichtiger, sich Zeit zu nehmen.»
Im Stillen konnte sie es nicht abwarten, selbst dranzukommen und das Kitzeln auf ihren Blüten zu spüren. Die Honiglieferantin machte sich startklar für den Abflug und summte vor sich hin:
«Ich nehme Nektar und Pollen als Kost- und Geruchsprobe in den Stock mit und tanze diese Information meinen Stockgenossinnen vor. Der Raps konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Wie sieht denn der Tanz einer heissen Biene aus? Die Bienenameise gab zur Antwort:
« Unsere Tänze nennen wir Schwänzeltanz, Rundtanz und Trachttanz.
Das Wirbeltier hob sich in die Lüfte und verschwand in der Ferne. Die Tanne sah ihr nach und gab nachdenklich zu verstehen: « Wir befinden uns in der Natur, und es gibt keinen Menschen weit und breit. Der Sonnenschein wärmt uns auf und die Tannnennadeln liegen auf Mutters Erde.
Was gibt es Schöneres als den Waldhonig und den Naturschutz.» Der Raps konnte das Gesagte nicht ohne den Zynismus stehen lassen: «Naturschutz, ist eine primitive Gewissensbereinigung für die Städte und Politiker und was meinst du mit Waldhonig? » Die Tanne gab bescheiden zur Antwort: «Wald- oder auch Tannenhonige sind besondere Honigsorten, die nicht aus dem Nektar von Blütenpflanzen, sondern aus dem Honigtau von Nadelbäumen entstehen. Auch möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass die Honigbienen 50 Millionen Jahre auf der Erde sind. Ohne sie gäbe es keine Bestäubung und die Pflanzenvielfalt wäre dürftig.
Die Rose rang sich ein Lächeln ab und hakte nach: «Aber ihr stellt keinen Honig her – oder?
In der Zwischenzeit kam eine schwerfällige Hummel angeflogen und setzte sich auf die Rose.
Die Rose war nicht ganz so erfreut, ein schwerfälliges, plumpes Wesen auf ihren Blüten zu spüren. Giftig begrüsste die Rose die Hummel und sagte: «Ich brauche keine Hummel in meinen Bienenkorb.» Die Hummel bahnte sich trotzig den Weg durch die vielen Blätter und kam dann zum Nektar. Die Rose plusterte sich etwas auf und gab eine spitze Bemerkung von sich: «Sag mal Hummel, hast du eigentlich auch einen Stachel?» Die Hummel schaute auf und grinste: «Wir können mehrmals stechen und sogar beissen. Ist das nicht großartig? Die Rose rang sich ein Lächeln ab und hakte nach: «Aber ihr stellt keinen Honig her – oder? «Wir stellen schon auch Blütenhonig her, allerdings nur in geringen Mengen.» Die Rose horchte auf und wirkte beinahe interessiert: «Aber von was ernährt ihr euch im Winter?» «Im Winter stirbt unser Volk und nur unsere Jungkönigin überlebt. Sie gründet im Frühjahr einen neuen Staat.» Mit diesen Worten erhob sich die fleischige Hummel und machte sich auf den Weg.
Eine weitere Biene kam angeflogen und setzte sich auf die Blüte der Akazie. Die Akazie fragte höflich nach dem Wohlbefinden der Honigsammlerin. Die Biene sah auf und unterbrach ihr Trinkgelage: «Ganz ok, ich habe mich gerade von der Varroa-Milben Grippe erholt. Die Akazie wirkte bestürzt und sagte: « Ist dieser Virus nicht dafür verantwortlich, dass euer Volk vom Aussterben bedroht ist?» Die Biene entgegnet gelassen: « Ich habe eine gute Genetik.»
Die Akazie hakte nach: «Was ist dein Geheimnis einer guten Genetik?» Die Biene erwiderte surrend: «Inzucht» Die liebliche Linde fasste sich ans Herz und fragte bestürzt: « Was bedeutet das genau für dich?» Das gelbschwarzer Flügeltier antworte verteidigend: «Ein bisschen Inzucht ist nicht schlimm. Das kommt in den besten Familien vor. Mein Volk hat viele Arbeiterinnenaber nur unsere Königin kommt in den Genuss der Fortpflanzung.»
Verstohlen sah die Akazie zur Linde und raschelte verlegen: «Ein Leben ohne Gelüste scheint mir doch ein tristes Dasein zu sein.» Die Linde verzweigte sich mit der Akazie und streichelte sie mit ihren herzförmigen Blättern. Interessiert fasste sie zusammen: «Also, nur die Königin hat das Recht unter dem Herzen ein Kind zu tragen und daraus entsteht euer Volk? Die Honigbienelächelte und bejahte: «Unsere Königin unternimmt gelegentliche Hochzeitsreisen und hat in dieser Zeit jede Menge männliche Bekanntschaften. Der Raps horchte auf und sagte: «Eine Sex-Reise! Das ist ja mal eine Idee. Wie sehen diese Bekanntschaften denn aus?»
Die Biene wurde etwas verlegen und meinte: «Ich weiss nicht, ob ich darüber reden sollte.
Immerhin rede ich da von meiner Königin und ihrem Paarungsverhalten. Die Edelkastanie beugte sich mit den Ästen nach vorn und meinte: « Ach, das ist doch keine grosse Sache. Wir können schweigen.» Die Honigsammlerin liess sich überreden und begann zu erzählen:
«Die Drohnen (männlichen Bienen machen sich an unsere Königin von hinten ran und haben Sex in der Luft. Bei der Ejakulation reisst der Penis des Mannes ab, der zukünftige Vater der Kinder stützt in die Tiefe und stirbt bald darauf. Der Penis bleibt in der Königin stecken. Dann kommt der nächste Erzeuger der sein Glück versucht und stirbt wie sein Nachfolger. Dies geschieht in der Regel zehn- bis fünfzehnmal. Schwerbeladen mit den Samen kommt die Königin nach Hause und legt in ihrem Brutnest ihre Eier ab. Bestürzt lauschten alle dieser Geschichte.
Die Honigsammlerin wirkte verlegen und brummte: « Nun, der Liebesakt klingt jetzt nicht besonders romantisch. Aber ihr dürft nicht vergessen, der Traum vieler Männer ist es, beim Sex zu sterben. Doch diesen Wunsch bleibt ihnen meist vergönnt. Ein verhaltenes Lächeln zeigte sich und da meldete sich der Raps zu Wort: « So primitiv sind wir nun auch wieder nicht. Wir Männer haben durchaus auch unsere Fähigkeiten und leisten unseren Beitrag.» Die Honigsammlerin hob schelmisch den Kopf und grinste, «das tut ihr auf jeden Fall», und flog in ihr matriarchal regiertes Bienenvolk zurück.