Ende Mai ist es soweit: Der Honig ist vermutlich reif für die Ernte. Doch so genau kann ich das nicht wissen. Ich ziehe die Arbeitshose an, hole den Schutzanzug aus dem Geräteschuppen, fülle den Smoker mit Tabak. Beim Bienenstand ist am frühen Nachmittag Einiges los. Die Bienen fliegen fleissig. Das Wetter stimmt. Ich entzünde den Smoker und ziehe den Schutzanzug an. Ich hebe den Deckel ab und schaue in die Bienenkiste. Die Bienen fliegen auf. Der Rauch besänftigt sie ein bisschen. Ich hebe mit dem Stockmeissel eine Wabe aus der Zarge. Die Honigzellen sind mehrheitlich verdeckelt. Das ist gut, denn nur so darf ich davon ausgehen, dass der Honig reif bzw. unter 20% Feuchtigkeit aufweist. Nun entnehme ich der Zarge eine Wabe nach der anderen und wische die Bienen sorgfältig ab. Es ist eine schweisstreibende Arbeit im Schutzanzug, die sich dahinzieht. Mein Fahrzeug füllt sich. Es riecht fein nach Honig. Es «honigt», sagen die Imker. Ich decke nach und nach die Volker wieder ab, frage mich, ob ich für die Zeit zwischen der Blüten- und Waldhonig-Tracht die Bienen noch einmal kurz füttern soll. Ich fahre die Honigernte in die Imkerei. Dort stelle ich Rähmchen für Rähmchen auf ein Gestell. Mit der «Entdeckelungsgabel» hebe ich vorsichtig die mit Wachdeckel von den Honigzellen ab. Denn ist der Honig ausreichend getrocknet, verschliessen die Bienen diese mit einer dünnen Wachschicht. Weil die Waben noch warm sind, fliesst der Honig langsam ab. Ich muss mich beeilen. Ich stelle Wabe für Wabe in die Handschleuder. Ich fange an zu drehen, erst langsam und dann immer schneller – einmal im Uhr- und dann im Gegenuhrzeigersinn. Dann drehe ich die Waben um, damit auch die andere Wabenseite geschleudert werden kann. Der Honig spritzt an die Chromstahlwände der Schleuder und fliesst nach unten ab. Immer mehr Honig sammelt sich am Boden der Schleuder und fliesst durch Abläufe in ein Sieb. Von Zeit zu Zeit muss ich dieses Sieb reinigen. Darunter fliesst der Honig in einen rostfreien Chromstahlkessel. Ist er voll, stelle ich ihn in einen dunklen, kühlen Raum. Denn der Honig muss sich nun setzen. Einige Tage später kann sind Luftblasen und die letzten Partikel an die Honigoberfläche gewandert. Ich kann mit einem Spachtel die letzten Verunreinigungen abziehen. Der Honig ist reif für die Abfüllung in die Gläser.
Verdeckelter reifer Honig und unverdeckelter unreifer Honig
Mit einer Entdeckelungsgabel werden die verdeckelten Honigzellen entdeckelt
Die Honigwaben werden von Hand und dadurch besonders schonend geschleudert
Der geschleuderte Honig fliesst den Chromstahl-Innenwänden entlang nach unten
Flüssiges Gold rinnt aus der Schleuder ab in ein Sieb
Bevor der Honig abgefüllt werden kann, muss der einige Tage kühl und dunkel lagern